Schein-selbstständig oder Selbstständig?



Die Scheinselbstständigkeit kann eine große Gefahr für Gründer sein. Erhebliche finanzielle und rechtliche Folgen sind damit verbunden.
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Die Kontrolle freier Mitarbeiter oder Freiberufler mit Blick auf Scheinselbstständigkeit hat in den letzten Jahren stark zugenommen, da dem deutschen Staat dadurch zahlreiche Steuereinnahmen entgehen. Selbstständige sind nämlich nicht verpflichtet Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung abzuführen und Sozialversicherungsbeiträge zu zahlen. Scheinselbstständige sind jedoch tatsächlich abhängig Beschäftigte und haben somit dieselben Rechte und Pflichten wie normale Arbeitnehmer.

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Was ist Scheinselbstständigkeit?


Scheinselbstständigkeit liegt vor, wenn eine Person vertraglich als selbstständiger Unternehmer auftritt, obwohl sie von der Art ihrer Tätigkeit her zu den abhängig Beschäftigten (Arbeitnehmer) zählt und als solcher versicherungspflichtig angemeldet werden müsste.

Dementsprechend ist die vertragliche Ausgestaltung für das Arbeitsverhältnis nicht entscheidend. Es kommt immer auf den Einzelfall in seiner Gesamtsituation an. Die Scheinselbstständigkeit bezieht sich auf eine konkrete Tätigkeit für einen spezifischen Auftraggeber und bezieht sich insbesondere darauf, wie dieser Auftraggeber die Beauftragung tatsächlich handhabt und gestaltet. Es ist die Feststellung einer Vertragsbeziehung als abhängiges Beschäftigungsverhältnis zwischen einem Angestellten und seinem Arbeitgeber anstatt einer Vertragsbeziehung zwischen einem selbstständigen Unternehmer und einem Auftraggeber. Relevant ist die Scheinselbstständigkeit insbesondere bei freien Mitarbeitern und Einzelunternehmern mit wenigen bzw. auch nur einem einzigen Auftraggeber.

Gesetzliche Grundlagen


Wie kann man nun Scheinselbstständigkeit von Selbstständigkeit unterscheiden, also ein Angestelltenverhältnis von einer selbstständigen Tätigkeit?

Nach §7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV ist eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers Anhaltspunkte für eine (abhängige) Beschäftigung. Zum 01.04.2017 wird ein neues Gesetz in Kraft treten. §611a Abs. 1 BGB gibt erstmals eine Definition des Arbeitnehmerbegriffes vor. Arbeitnehmer ist demnach künftig, wer auf Grund eines privatrechtlichen Vertrags im Dienste eines anderen zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet ist.

Entscheidend für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung, ist also ob sich eine persönliche Abhängigkeit vom Auftraggeber feststellen lässt. Wenn ein nach dem Vertrag her Selbstständiger sich an die Weisungen des Auftraggebers halten muss sowie in die Arbeitsorganisation eingebunden ist, dann sind das Anhaltspunkte dafür, dass er abhängig beschäftigt ist.

Die Merkmale von der Deutschen Rentenversicherung


Eine Überprüfung, ob eine Scheinselbstständigkeit vorliegt, kann zum einen vom Auftraggeber oder Auftragnehmer beantragt werden, zum anderen durch einen Verdacht vom Finanzamt oder der Deutschen Rentenversicherung angestoßen werden. Wenn Sie unsicher sind, in welchem Verhältnis Sie zu Ihrem Auftraggeber stehen, können Sie sich an die Clearingstelle der Deutschen Rentenversicherung Bund wenden und Ihren sozialversicherungsrechtlichen Status prüfen lassen. Insbesondere bei Freiberuflern und freien Mitarbeiter, die dauerhaft für nur einen Auftraggeber arbeiten, ist es sinnvoll im Voraus abklären zu lassen, ob abhängige Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit vorliegt.

Die DRV veröffentlicht auf Ihrem Internetauftritt eine Reihe an Merkmalen, die auf eine Scheinselbstständigkeit hinweisen und bei der Beurteilung des Status helfen. Nicht der Inhalt des Vertrages auf dem Papier zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer ist entscheidend, sondern die tatsächliche Ausgestaltung der Arbeitsverhältnisse in der Realität. Ein Auftragnehmer wird als Scheinselbstständiger eingestuft, wenn die meisten der folgenden Merkmale zutreffen:
  • Uneingeschränkte Verpflichtung, allen Weisungen des Auftraggebers Folge zu leisten

  • Feste Arbeitszeiten ( z.B. Schichtdienst)

  • Reportingpflichten gegenüber dem Auftraggeber

  • Arbeitsort wird vom Auftraggeber bestimmt, bzw. Arbeit in Räumen des Auftraggebers

  • Verpflichtung, bestimmte Hard- und Software zu benutzen, feste Integration in Prozesse des Auftraggebers

Wenn Sie jedoch das unternehmerische Risiko im vollem Umfang selbst tragen und Ihre Arbeitszeit selbst bestimmen und gestalten können, eine freie Honorarverrechnung vereinbaren sowie freie Auftragswahl mit der Möglichkeit der Ablehnung und evtl. noch eigene Angestellte beschäftigen, werden Sie als selbstständiger Unternehmer angesehen. Weitere Merkmale von Selbstständigen sind die Erbringung von Leistungen im eigenen Namen und auf eigene Rechnung, sowie die eigene Entscheidung über Einkaufs- und Verkaufspreise, eigene Kundenakquisition, Werbemaßnahmen und der gesamtunternehmerische Auftritt als Selbstständiger in der Geschäftswelt.

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Folgen der Feststellung Scheinselbstständigkeit

Wenn eine Scheinselbstständigkeit vorliegt und durch die entsprechenden Stellen nachgewiesen werden kann, müssen sowohl Auftraggeber als auch Auftragnehmer mit erheblichen rechtlichen und finanziellen Konsequenzen rechnen.

Der Auftraggeber muss bis zu 4 Jahre rückwirkend die Beiträge zur Sozialversicherung zahlen, auch kann das Finanzamt für diesen Zeitraum Lohnsteuernachzahlungen einfordern. Wenn eine vorsätzliche Scheinselbstständigkeit nachgewiesen werden kann, drohen außerdem noch Bußgelder, Gefängnisstrafen und Rückzahlungsforderungen für bis zu 30 Jahre. Der Auftragnehmer haftet maximal 3 Monate rückwirkend für nicht gezahlte Sozialversicherungsbeiträge.

Die Selbstständigkeit des bisherigen Auftragnehmers endet. Ehemalige Selbstständige können nach der Feststellung einer Scheinselbstständigkeit ihren Arbeitnehmerstatus einklagen. Wenn der Prozess beim Arbeitsgericht Erfolg hat, erhält der ehemalige Selbstständige nachträglich zum Beginn des Beschäftigungsverhältnisses den Status eines Angestellten und besitzt somit alle Rechte der Mitarbeiter des Unternehmens des Auftraggebers. Dazu zählen Kündigungsschutz, Urlaubsanspruch oder Lohnfortzahlungsverpflichtung im Krankheitsfall. Außerdem erhält er Nettogehaltszahlungen in der Höhe des bisherigen Honorars. Da er nun aber kein Selbstständiger mehr ist, muss er sein Gewerbe beim Gewerbeamt abmelden. Auch endet die etwaige Mitgliedschaft bei der Industrie- und Handelskammer oder Handwerkskammer.

Bei Feststellung einer Scheinselbstständigkeit muss der Auftragnehmer bisher augestellte Rechnungen mit Umsatzsteuer berichtigen. Die ausgewiesene Umsatzsteuer wird als ungültig erklärt und die eventuelle Vorsteuer muss an das Finanzamt zurückgezahlt werden.


Sofern Sie hinsichtlich Ihrer Tätigkeit Bedenken haben, sollten Sie innerhalb von drei Monaten nach Aufnahme der unternehmerischen Tätigkeit bei der Deutschen Versicherung die Befreiung von der Rentenversicherungspflicht beantragen. Weiterhin ist eine Statusklärung ratsam. Formulare hierzu finden Sie auf der Seite der Deutschen Rentenversicherung.



Foto: (c) Africa Studio/ fotolia.com


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